LUXEMBURG 2024

Philharmonie

Preisträger und Preisträgerinnen 2024

Die Gastgeber als Preisträger: das Luxembourg Philharmonic

Mit rund 100 Musikern aus über 25 Nationen lebt das Luxemburg Philharmonic den europäischen Gedanken besonders intensiv und jeden Tag. „Hier schlägt für mich das musikalische Herz Europas“, bekannte Sterneköchin und Laudatorin Léa Linster, wie das Orchester selbst eine weit über die Grenzen Luxemburgs hinaus bekannte Institution. „Wir Luxemburger sind sehr stolz auf unser Land, aber wir sind auch begeisterte Europäer!“ In der Stadt, in der das erste europäische Parlament tagte, ist nicht nur die Diversität der Menschen auffällig groß, sondern auch die musikalische Vielfalt des Orchesterrepertoires, die nun mit dem Europäischen Kulturpreis gewürdigt wurde. Die beiden Orchestermitglieder Fabienne Welter und Filippo Biuso nahmen ihn stellvertretend für das gesamte Ensemble entgegen.

Gleichberechtigung par excellence: Die Wiener Sängerknaben und Wiener Chormädchen zusammen auf der Bühne

„Nur eine Tradition, die sich selbstkritisch hinterfragt und weiterentwickelt, bleibt lebendig.“ Starke Worte von Erich Arthold, Präsident der Wiener Sängerknaben, die gemeinsam mit den Wiener Chormädchen in der Luxemburger Philharmonie den Europäischen Nachwuchspreis entgegennehmen konnten. Denn die 525 Jahre alten Wiener Sängerknaben leben schon lange das Prinzip Gleichberechtigung: So nehmen sie nicht nur Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan oder dem Kongo auf, sondern haben sich schon 20 Jahren dem Ziel verschrieben, auch Mädchen eine adäquate musikalische Ausbildung zu ermöglichen. Erstmals durften Knaben und Mädchen nun zusammen auf Konzertreise gehen und verzauberten ihr Luxemburger Publikum auf das Schönste. Moderatorin und Mode-Ikone Barbara Meier zeigte sich begeistert: „Es macht mich als Wahlwienerin und Mutter zweier Mädchen ganz besonders stolz, dass jetzt auch die Wiener Chormädchen gleichberechtigt mit den Sängerknaben auf der Bühne stehen.“

Zwei starke Frauen vereinen zwei Welten

Es war ein Treffen der Gigantinnen: Stargeigerin Lisa Batiashvili ist nicht nur seit über zwei Jahrzehnten ein besonders hell leuchtender Stern am Geigenhimmel und bei den besten Orchestern weltweit gefragt. Sie setzt sich auch für die Förderung junger Menschen in der Musikszene ein und gründete 2021 ihre eigene Stiftung, um junge Hochbegabte aus ihrer Heimat zu fördern. Grund genug für Tali Golergant, ihrer Kollegin den Europäischen Kulturpreis für Nachwuchsförderung zu überreichen, denn TALI, die ihre Wahlheimat Luxemburg im Mai beim ESC vertrat, steht selbst gerade erst am Anfang einer vielversprechenden Karriere. Beide starke Frauen traten dabei erstmals mit den ebenfalls preisgekrönten Luxemburger Philharmonikern auf.

Ein Multitalent mit ansteckender guter Laune

Laudatorin Frauke Ludowig outete sich auf der großen Bühne der Luxemburger Philharmonie als absoluter Fan eines großartigen Tenors: „Eigentlich müssten wir Rolando Villazón für seine vielen Talente gleich mehrere Kulturpreise verleihen, denn er ist nicht nur Sänger, sondern auch Autor, Regisseur, Intendant und Musikvermittler – vor allem aber müssen wir ihn als Mensch auszeichnen.“ Denn der 52-jährige Mexikaner mit der ansteckenden guten Laune geht nicht nur als Clown in Kinderkrankenhäuser, sondern fördert auch beständig neue Talente. Villazón hat die Sonne im Herzen und stets die Sympathien des Publikums auf seiner Seite, so auch in Luxemburg, wo er den Europäischen Kulturpreis für Kulturförderung erhielt. Auf der großen Bühne warb er zugleich für eine Verständigung ohne Grenzen: „Wir sollten heute, kurz vor der Wahl, ein Europa feiern, in dem sich jeder willkommen fühlen kann. Ich bin ein Weltbürger und ein Europäer im Herzen.“

Vom umjubelten Boygroup-Schwarm zum absoluten Solosuperstar

Es war ein absolutes und viel erwartetes Highlight des Abends: Ronan Keating, einst Boygroup-Schwarm, jetzt umjubelter Solosänger, trat erstmals gemeinsam mit den Luxemburger Philharmonikern auf und begeisterte mit seinen Welthits „When You Say Nothing At All“ und „If Tomorrow Never Comes“. Den Europäischen Kulturpreis erhielt Keating aus den Händen seiner deutschen Kollegin Jeanette Biedermann, die bereits mehrfach mit ihm zusammen auf der Bühne stand. Sie hob in ihrer Laudatio nicht nur hervor, „dass du es immer wieder schaffst, in unserer Glitzerscheinwelt unter die Oberfläche zu schauen und dich für die Menschen zu interessieren“, sondern würdigte vor allem Keatings starkes Engagement in seiner Familienstiftung für die Krebsvorsorge. Der Geehrte bedankte sich herzlich: „Kultur bedeutet doch zu verstehen, wie unterschiedlich wir sind.“

Ein Vorkämpfer der europäischen Integration

„Wer an Europa glaubt, wer Europa will, der hat einen direkten Bezug zur Kultur, denn er mag die schönen Dinge, und Europa ist ein schönes Ding. Und der hasst Ablehnung und Fremdenhass.“ Starke Worte eines großen Europäers: Als ehemaliger EU-Kommissionspräsident weiß Jean-Claude Juncker nur zu gut, was Europäische Integration bedeutet und wie wichtig es dabei vor allem ist, Menschen immer wieder aufs Neue für Europa zu begeistern. In seinem Heimatland Luxemburg, dem er viele Jahre als Minister und Premier diente, wurde Juncker nun für sein großartiges Engagement und seine Leidenschaft für Europa mit dem Europäischen Kulturpreis für Politik ausgezeichnet – laudatiert von der Journalistin Viviane Reding, die bis 2018 Mitglied des Europaparlaments und vier Jahre lang selbst Vizepräsidentin der EU-Kommission war.

Herausragende Instrumente für herausragende Talente

Ja, zum Glück gibt es sie noch, die Philanthropen: Der Europäische Initiativpreis wurde in der Luxemburger Philharmonie von Spiegel-Journalist Nikolaus Blome an die Stretton Society um Maximilian von Schierstädt verliehen. Sie hat sich der Förderung von Ausnahmemusikern verschrieben und sich zur Aufgabe gemacht, außergewöhnlichen jungen Künstlern Zugang zu seltenen und wertvollen Streichinstrumenten zu verschaffen. Darüber hinaus unterstützt die Stretton Society herausragend talentierte Musiker durch Stipendien und gibt Starthilfe für die noch jungen Karrieren. Ein solches Nachwuchstalent ist auch der erst 25-jährige Benjamin Kruithof, der in Begleitung der Luxemburger Philharmonikern auf einem von der Society geförderten Cello von Guadagnini aus dem 18. Jahrhundert spielte.

Kulturen verbinden: die ägyptische Sopranistin Fatma Said

Sie hat eine starke Stimme in der Welt, und zwar nicht nur als Sopranistin, die bereits mit den allerbesten Orchestern der Welt aufgetreten ist. Fatma Said ist auch eine Grenzgängerin und Brückenbauerin zwischen den Kulturen. Denn ob klassische Arie, arabisches Volkslied wie in Luxemburg gesungen oder Popsongs von Whitney Houston – allüberall legt Fatma Said den gleichen hohen künstlerischen Anspruch an. „Dass sie vor 15 Jahren, also noch vor Beginn der Arabischen Frühlings, aus ihrer Heimat nach Deutschland zum Studieren ging, war ein großer und gewagter Schritt“, bescheinigte der Preisträgerin ihr ebenfalls aus Ägypten stammender Sängerkollege Adel Tawil in seiner Laudatio. Entsprechend dankbar zeigte sich Fatma Said denn in ihrer Erwiderung vor allem gegenüber ihrer Familie, die immer an sie geglaubt und sie auf ihrem Weg stets unterstützt habe. Ihre Erfahrungen gibt die junge Sopranistin auch gern weiter und vertrat zum Beispiel ihr Heimatland zweimal bei den Vereinten Nationen, um das Recht auf Bildung und Würde für Kinder durch Musik hervorzuheben. Eben eine ganz starke Frau.

Ein hochemotionaler Moment: Tochter Enya hält Laudatio auf ihren Vater Frank Elstner

Das war ein besonders berührender Moment des Abends: „Das hätte ich nicht geglaubt, dass meine jüngste Tochter hier etwas über mich auf der Bühne sagen würde“, sagte Frank Elstner, nachdem Enya das Lebenswerk der in Luxemburg groß gewordenen Fernsehlegende mit einem Europäischen Kulturpreis gewürdigt hatte. Sichtlich gerührt nahm Frank Elstner die Auszeichnung aus den Händen seiner Tochter an, die im Namen ihrer vier Geschwister nicht nur offenbarte, „unheimlich stolz“ auf ihn zu sein, sondern sich auch dafür bedankte, dass dem „präsenten Vater“ die Familie immer mindestens so wichtig gewesen sei wie die Karriere. Gleichwohl brachte Enya auch die vielen beruflichen Stationen ihres Vaters zur Sprache, der sich mit unzähligen Sendungen und der Erfindung des Fernsehformats „Wetten, dass“ in die kollektive Erinnerung des Publikums einschrieb. Den schönen Anlass – „eine Feier für Europa“ in der Luxemburger Philharmonie – nutzte der „überzeugte Europäer“ gleich, um den gesamten Saal aufzufordern, wählen zu gehen.

Eine echte Brückenbauerin: Dirigentin Alondra de la Parra

Alondra de la Parra versteht sich selbst als Brückenbauerin. Denn „dort, wo derzeit Wahlkampf an der Grenze zu Mexiko gemacht wird, hat sie ein mexikanisch-amerikanisches Orchester gegründet“, hieß es in der Laudatio für die äußerst erfolgreiche Dirigentin, in deren Händen die gesamte musikalische Leitung des Abends mit den Luxemburger Philharmonikern lag. Musik, sagte Christoph Dittrich, Generalintendant der Oper Chemnitz und damit Gastgeber der nächsten Europäischen Kulturpreisverleihung in der Kulturhauptstadt 2025, könne damit viel mehr „als nur schön“ zu sein. Er würdigte Alondra de la Parra nicht nur „als Dirigentin und Mensch“, sondern auch für ihr großes Engagement in ihrer Heimat Mexiko, wo sie sich für die Musikvermittlung an benachteiligte Kinder widmet.

Ihre Königliche Hoheit: Maria Teresa von Luxemburg

Adel verpflichtet – das darf man auch und gerade in Luxemburg sagen. Denn schon seit 27 Jahren ist Ihre königliche Hoheit Maria Teresa von Luxemburg, die an der Seite des ihr seit 1981 angetrauten Großherzogs Henri in den Saal schritt, UNESCO-Botschafterin des guten Willens und engagiert sich aufopferungsvoll in der Entwicklungszusammenarbeit. Dafür wurde die Exilkubanerin nun in ihrer Wahlheimat von dem französischen Schriftsteller Claude Frisoni mit dem Europäischen Kulturpreis für soziales Engagement laudatiert. Sichtlich berührt widmete die Großherzogin ihren Preis „all denen, die ungehört bleiben, die still und unsichtbar sind, unter anderem den Millionen afghanischen Frauen und Mädchen“. Mit ihrem unermüdlichen Einsatz gibt die Großherzogin Kindern in Not Hoffnung und kämpft für Gleichberechtigung und Bildung der Frauen weltweit.